Popi? Ist wegen Krise gestrichen!

von Georg Kasch

Heidelberg, 27. April 2013. Eine aktuelle Studie besagt, dass Haarschuppen mit schuld an der Feinstaubbelastung sind. Was das mit der (im Kern wahren) Geschichte von Tassos zu tun hat, der in den 1950er Jahren seine Geliebte Loula tötete? Vermutlich nichts. Aber man wird ja wohl noch eine Umziehpause überbrücken dürfen, oder? Simos Kakalas jedenfalls, als Schauspieler eine Rampensau zum Niederknien und Regisseur von Sakis Serefas Stück "Geschmolzene Butter", plaudert das auf Englisch höchst amüsant hin und vergisst auch nicht zu erwähnen, dass die Studie von deutschen Steuergeldern mitfinanziert wurde.

Bis sich hinten die Tür öffnet und ein alter Herr hereinkommt – Elena Mavridou trägt da eine von vielen grotesken Greisenmasken und spielt eine von etlichen überlebenden Zeugen. Denn "Geschmolzene Butter" ist zwar kein Krimi (Opfer, Täter und Todesart stehen bald fest), wird aber wie einer erzählt: als Rekonstruktion mit Indizien, Vorgeschichten, Anekdoten und Beteiligten. Und mit den beiden Hauptfiguren, deren Szenen immer ausdrücklich als Repräsentation angekündigt werden: Kakalas und Mavridou umkreisen sich da mit leidenschaftlicher Einfühlung.

Begnadete Komödianten

Denkbar karg ist die Bühne mit Probenappeal, deren wenige Möbel und Requisiten – Sofa, Kleiderständer, Spiegel, Tisch, Stühle, dazu ein paar Gläser, Wasser, ein Ghettoblaster – überall aufgebaut sein könnten. Hier flitzen die drei begnadeten Komödianten und Verwandlungskünstler durch die Ebenen und Sprachen (großartig allein der Witz, den sie aus den Übertitelungen schlagen!), spielen lässig das Publikum an, kommentieren den Stückfortgang. Griechisches Gebäck geht durch die Reihen, ein Kugellager entwickelt sich zum running gag, überhaupt werden oft die Umwege am lustvollsten beschritten: So gibt's zum Bedauern von Mavridou keine Szene mit Popi (wer auch immer das ist) – die Rolle musste wegen der Krise gestrichen werden.GeschmolzeneButter2 700 George KladourisBühne mit Probenappeal: Sakis Serefas' "Geschmolzene Butter" © George Kladouris

Das alles jagt derart quietschlebendig und rasant über die Bühne, ist so anspielungsreich und klug, dass man nicht mehr aus dem Lachen und Staunen kommt. Gegen Ende ist die Mordsgeschichte im Kern noch immer so schlicht wie zu Beginn. Aber wie die drei sie nun zu Ende erzählen, pulsierend intensiv, atemlos, macht aus der fehlgeleiteten Leidenschaft ein großes, tragisches, berührendes Rätsel.

 

Geschmolzene Butter
von Sakis Serefas
Uraufführungs-Inszenierung
Gastspiel Horos Theatre Company, Thessaloniki
Regie: Simos Kakalas, Bühne und Kostüme: Martha Foka, Musik: Nikos Veliotis.
Mit: Simos Kakalas, Dimitra Kouza, Elena Mavridou.
Dauer: 1 Stunde, 45 Minuten, keine Pause

 

Zum Essay über die griechische Theaterlandschaft

Kommentare   

+1 #1 TourPopis Neffe 2013-04-28 17:31
Klingt gut. Touren die denn noch weiter durch Deutschland?

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